Es erreichte mich vor kurzem eine Nachricht per Email mit dem Titel „Das gelobte Land“ und der Aufforderung es „tunlichst“ zu unterlassen, Beiträge „solchen Inhalts wie Das gelobte Land“ zu senden. Zunächst war ich sichtlich überrascht, weil ich mich nicht erinnerte, eine Nachricht ausgesendet zu haben und stellte fest, dass neben mir noch gut 40 weitere Personen diese Meldung erhielten. Ich bin anscheinend in einen Verteiler gerutscht.
Da der Email kein Dokument beigefügt war, welches aber vom Absender als „recht abstoßend“ bezeichnet wurde und als Beispiel dafür gelte, warum Schlaraffia auf politische Äußerungen aller Couleur verzichte, wurde ich neugierig und wollte wissen, was passiert ist. Also schrieb ich genauso an alle Adressaten zurück, die ich im CC-Feld finden konnte und bat um Unterstützung, wo der benannte Beitrag zu finden sei? Und wenige Minuten später flatterte eine Email bei mir rein, die als Anlage das Dokument „Das gelobte Land“ führte. Dieser Absender war wohl Empfänger des eigentlichen Verteilers, dem ich nicht angehörte.
Ich öffnete die Präsentation und sah verschiedene Folien mit Bildern. Die erste Folie zierte die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der deutschen Flagge in der Hand und vor einer Menge von Flüchtlingen als Führerin laufend und die Fahne schwingend. Ab der zweiten Folie folgten dann auf jeder weiteren Folie immer ein Land- bzw. Stadtbild, dazu fast immer ein lachender dunkelhäutiger Mensch und am Bildende ein Vierzeiler in Reimform. Es fiel mir auf, dass die Bilder der klassischen Presse, zur Berichterstattung über die Flüchtlingsströme in Europa, entnommen und die Geschichte erzählt wurde, wie Flüchtlinge über zahlreiche Stationen von der Türkei über Deutschland bis nach Frankreich schließlich das gelobte Land erreichten. Denn gerade in beiden letzteren Ländern werden sie mit Kindergeld, Unterhalt, Wohnung und Gesundheit versorgt, war zu lesen.
Was wollte nun der eigentliche Absender, der diese Präsentation vielen anderen Menschen schickte, uns mitteilen? War vielleicht eine Botschaft darin versteckt? Zumindest für einen Empfänger war klar, dass solche „politischen Äußerungen“ höchst unschlaraffisch seien. Es dauerte nicht lange und ein zweiter Kritiker äußerte sich auch abfällig über diese Geschichte und bestätigte damit den ersten Kritiker. Ein Dritter kam hinzu und ergriff schließlich Partei für den eigentlichen Absender und stellte den historischen Bezug zur Schlaraffia her. Denn schon damals begegnete man mit Humor den Missständen der Obrigkeit. Also, man konnte die Geschichte tatsächlich auch von einer anderen Seite aus interpretieren.
Wirft man einen Blick auf die aktuelle politische Lage in den USA (Trump), nimmt dazu die Situation in England (Brexit) und den sich entwickelnden Populismus in Europa, dann wird einem klar, dass auch Schlaraffen sich nicht vollends der Politik und dem profanen Leben entziehen können. Sie bleiben Menschen und somit emotional. Und die spitze Zunge im Schlaraffenspiel lässt manchmal sehr politische Botschaften durchklingen, wenn auch mit einem Lächeln.
Und ja, der Verursacher des ganzen Durcheinanders klärte auf, dass die Folien von seiner Seite nichts schlaraffisches hatten, er fand sie lustig und ziemlich der Wahrheit entsprechend. Weder wollte er einen verletzen, noch sonst irgendeine Botschaft aussenden - an sich ganz harmlos - aber mit einer enormen Wirkung auf die Zuhörerschaft.
Und die Moral von der Geschichte?
Weder TRUMPelte noch Spiegelte es. Ich stellte fest, dass die Gefahren im Versenden von Emails grundsätzlich im Detail liegen. Dadurch, dass man einer Gruppe schreibt, sie aber nicht sieht, gleichzeitig man seine eigene Mimik und Gestik nicht mitsenden kann und dazu der Gemütszustand der Empfänger unbekannt ist, wird deutlich, elektronische Post macht Kommunikation nicht leichter, sondern anspruchsvoller. Es ist daher ratsam, die Etikette seiner Zeilen klarer zu bedienen.